Gemeinsamer Brief der Wohlfahrtsverbände und Kirchen an die Bürgermeister der Stadt Regensburg
Gemeinsam für die Behebung des Fachkräftemangels!
Gemeinsam für eine gerechte Bezahlung in sozialen Einrichtungen!
Gemeinsame Position der Wohlfahrtsverbände und der Kirchen zur Initiative der Stadt Regensburg für "strukturelle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen bei städtischem Personal"; Zahlung einer Arbeitsmarktzulage für Erzieher*innen und Kinderpfleger*innen
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Vorsitzende der Fraktionen im Stadtrat,
die Stadt Regensburg hat am 13.12.2018 eine Arbeitsmarktzulage unter anderem für Erzieher*innen, Kinderpfleger*innen und Leiter*innen in Kindertagesstätten und Heimen entschieden. Dies geschieht in einer Bandbreite von 250 € bis zu 400 € pro Monat.
Der Stadtrat hat diese Entscheidung ohne vorherige Beratung mit den Wohlfahrtsverbänden und den Kirchen getroffen obwohl diese Träger die Stadt seit Jahrzehnten bei der Erfüllung ihres Auftrages unterstützen. Erst aus den Zeitungsberichten haben wir davon erfahren. Wir teilen die Sorge und Motivation der Stadt Regensburg, genügend Fachkräfte für die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe zu gewinnen. Diese Problemanzeige stellt sich jedoch ebenso im Bereich der Behindertenhilfe. Ein gegenseitiges Abwerben von Fachkräften hilft aber nicht weiter, weil die vorhandenen Fachkräfte grundsätzlich nicht ausreichen. Grundsätzlich erwarten wir, dass durch die Förderbedingungen alle Träger die gleichen Chancen haben. Die einseitige Initiative der Stadt Regensburg wird unseres Erachtens zu erheblichen Auswirkungen auf Einrichtungen in unserer Region führen, insbesondere wenn es um Einrichtungen geht, die auf Erzieher*innen und Kinderpfleger*innen angewiesen sind.
1. Auswirkungen im Bereich der Kindertagesstätten
Der seitens der Stadt Regensburg gegenwärtig verfolgte Ansatz über eine Arbeitsmarktzulage personellen Engpässen in ihren eigenen Einrichtungen entgegenzuwirken, greift aus unserer Sicht zu kurz, da er ausschließlich und isoliert den Bedarf an Mitarbeiter*innen in eigenen Einrichtungen der Stadt berücksichtigt, die zwingend notwendige gemeinsame Erfüllung des Rechtsanspruchs der Eltern auf einen Kindergartenplatz und folglich die Deckung des Gesamtbedarfs jedoch unberücksichtigt lässt. Wir möchten unterstreichen, dass die Stadt Regensburg ihren gesetzlichen Versorgungsauftrag nur mit den Wohlfahrtsverbänden sowie den Kirchen gemeinsam erfüllen kann. Gelingt es der Stadt Regensburg einerseits durch eine Arbeitsmarktzulage Personal von anderen Trägern von Kindertagesstätten zu gewinnen oder bei Neubewerbungen den Vorzug zu erhalten bedingt dies auf Seiten aller freien Träger andererseits eine Abwanderung von Mitarbeiter*innen. Es entsteht bei der Versorgung mit Plätzen in Kindertagesstätten folglich keine Verbesserung, sondern ganz im Gegenteil eine folgenschwere Verknappung des Angebots sowie eine damit einhergehende Erhöhung der Kosten. Hinzu kommt, dass die Arbeitsmarktzulage nur für Erzieher*innen, Kinderpfleger*innen und Leiter*innen in Kindertagesstätten und Heimen der Stadt Regensburg bezahlt wird. Dies führt zu Verwerfungen innerhalb der Berufsgruppen in sozialen Einrichtungen. Unsere Mitarbeiter*innen und - wie wir wissen - auch die Mitarbeiter*innen der Stadt Regensburg empfinden dies als zutiefst ungerecht. Nicht zuletzt möchten wir darauf hinweisen, dass die Stadt Regensburg mit zeitlicher Verzögerung Personal aus der gesamten Region abwerben wird, was die Verantwortlichen vor Ort ebenfalls unter Zugzwang stellen wird. Ein "Flächenbrand" wäre ein durchaus realistisches Szenario, welches es aus unserer Sicht mit allen Mitteln zu verhindern gilt.
2. Auswirkungen auf die Einrichtungen der Erziehungshilfe und der Behindertenhilfe
Einrichtungen wie das Kinderheim St. Leonhard, das Kinderzentrum St. Vincent, das Thomas-Wiser-Haus Regenstauf oder auch aus dem Bereich der Behindertenhilfe wie das Pater-Rupert-Mayer-Zentrum oder die Bischof-Wittmann-Schule können diese Arbeitsmarktzulage nicht bezahlen. Was der Stadtrat völlig außer Acht gelassen hat ist, dass die Stadt auch für diese Einrichtungen in der Kinder- und Jugendhilfe einen Versorgungsauftrag hat. Für die Einrichtungen der Behindertenhilfe ist der Bezirk Oberpfalz zuständig, der in die Entscheidung ebenfalls nicht eingebunden wurde. Es besteht die große Gefahr, dass die erwünschte Sogwirkung der Stadt Regensburg diese Einrichtungen sehr stark schwächt. Würden von einem Förderzentrum wie dem Pater-Rupert-Mayer-Zentrum aufgrund der erheblichen Zulage nur drei Fachkräfte zur Stadt wechseln, könnte die Nachmittagsbetreuung für acht behinderte Kinder nicht mehr sichergestellt werden etc. Müsste nur eine Gruppe in St. Leonhard geschlossen werden, könnten acht Kinder in äußerst kritischen sozialen Lebenslagen nicht versorgt werden. Letztendlich wirbt die Stadt Regensburg mit Steuermitteln - welche ein freier Träger nicht einfach aus dem Haushalt entnehmen kann - Mitarbeiter*innen von freien Trägern ab.
3. Ziel: Wir, die Wohlfahrtsverbände und die Kirchen wollen mit lhnen einen echten Lösungsansatz anstreben. Es geht nur gemeinsam!
- Deshalb lehnen wir die vom Stadtrat der Stadt Regensburg beschlossene Arbeitsmarktzulage ab. Wir betrachten dies als Eingriff in das Tarifgefüge mit dramatischen Auswirkungen. Bereits jetzt wenden sich nicht nur die Fachkräfte in Kindertagesstätten und Heimen an uns, sondern auch Fachkräfte in der Pflege, die nun auch eine Zulage wünschen. Deshalb werden die Wohlfahrtsverbände und Kirchen die angestrebte Vereinbarung nicht unterzeichnen und beantragen vor einer Behandlung im Jugendhilfeausschuss ein Gespräch mit den Bürgermeistern und Fraktionssprechern. Wir können und werden die Arbeitsmarktzulage nicht zahlen.
- Wir wollen uns gemeinsam mit der Stadt Regensburg dafür einsetzen, dass alle Berufsgruppen im sozialen Bereich besser bezahlt werden.
- Wir wollen, dass die von der Stadt Regensburg zur Verfügung gestellten Finanzmittel in der Ausbildung von Erzieher*innen, Kinderpfleger*innen, Heilerziehungspfleger*innen etc. eingesetzt werden. Denn das von der Stadt erkannte Problem lösen wir nur gemeinsam, wenn mehr Fachpersonal zur Verfügung steht anstatt es sich gegenseitig abzuwerben.
Wir bitten dringend um ein gemeinsames Gespräch, um wieder zu einer vertrauensvollen und konstruktiven Zusammenarbeit zwischen der Kommune, den Wohlfahrtsverbänden und den Kirchen zu finden, die wir bisher sehr zu schätzen wussten.
Freundliche Grüße
Alois Möstel, Regionaldekan
Michael Weißmann, Diözesan-Caritasdirektor
Martin Steinkirchner, Mitglied des Regionalvorstandes der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Ostbayern
Sabine Rückle-Rösner, Vorstand Diakonie Regensburg
Matthias Walter, Bischöfliche Finanzkammer Fachbereich Stiftungsaufsicht Allgemein
Björn Heinrich, Kreisgeschäftsführer BRK Kreisverband Regensburg
Michael Eibl, Direktor Katholische Jugendfürsorge, Vorstand AGkE
Andrea Ziegler, Bezirksgeschäftsführerin PARITÄTISCHER Wohlfahrtsverband
Roman Gerl, Dekan